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Schenkungen - auf den Pflichtteil anrechnen?

Pflichtteil-Info > Pflichtteil zu lebzeiten
Anrechnung und Ausgleichung
Zuweilen erhält der künftige Pflichtteilsberechtigte bereits zu Lebzeiten Zuwendungen vom Erblasser.
Solche lebzeitige Zuwendungen, meist Schenkungen oder ausgleichspflichtige Vorempfänge, muss sich der Pflichtteilsberechtigte gegebenenfalls auf seine Pflichtteilsansprüche anrechnen lassen.
Die Qualifizierung solcher Zuwendungen ist meist rechtlich wie tatsächlich schwierig. Insoweit empfiehlt sich die qualifizierte Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht.

Die unteren Beispiele beziehen sich auf den ordentlichen Pflichtteilsanspruch.
Schenkungen an den Pflichtteilsberechtigten muss sich dieser auf seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch anrechnen lassen, vermindern also seinen Anspruch.
Pflichtteilsschenkungen
Schenkungen auf den Pflichtteil anrechnen
Was der Erblasser schon zu Lebzeiten an den künftigen Pflichtteilsberechtigten schenkt, kann den Pflichtteilsanspruch schmälern (§ 2315 BGB).
Nicht jede freigiebige Zuwendung ist auf den ordentlichen Pflichtteil anzurechnen. Der Erblasser muss die Anrechnung  bestimmt haben und zwar entweder vor oder bei der Zuwendung.
Erfolgt die Anrechnung auf den ordentlichen Pflichtteil, so kann diese aber auf den Ergänzungsanspruch angerechnet werden. 

Da Schenkungen an den Pflichtteilsberechtigten meist formlos erfolgen, kommt der Erbe häufig in Beweisschwierigkeiten für die vom Erblasser getroffene Anrechnungsbestimmung.
Tipp: Daher sollten die Schenkungsverträge für den Erben (im Vorsorgeordner) aufbewahrt werden. Der Pflichtteilsberechtigte sollte den Erhalt der Schenkung schriftlich bestätigen.
Bei der Anrechnung muss auch der Kaufkraftschwund (Inflation) beachtet werden.
Ist die Schenkungen allerdings formbedürftig, so ist auch die Bestimmung über die Anrechnung formbedürftig.

Die anrechnungsfähige Zuwendung wird zum Nachlass addiert. Von dem so erhöhten Nachlass wird der Pflichtteil entsprechend der Quote errechnet und der zuvor dem Nachlass hinzuaddierte Betrag vom Pflichtteil wieder abgezogen.
Beispiel: Der Nachlass beträgt im Zeitpunkt des Erbfalls 200.000 Euro. Der einzige Sohn Stefan ist enterbt. Er hat vor dem Tod des Erblassers Aktien in Wert von Euro 60.000 Euro geschenkt bekommen mit der Bestimmung, die Schenkung sei auf den Pflichtteil anzurechnen.
Die Pflichtteilsquote von Stefan beträgt ½.

Nachlass                                                                             200.000
Wert der Schenkung an Stefan                                            60.000
insgesamt 260.000
Pflichtteil des Sohnes = ½                                                 130.000
abzüglich Wert der Schenkung ohne Inflationsausgleich    60.000
Pflichtteilsanspruch                                                          70.000

Wenn ein Pflichtteilsberechtigter anstelle eines weggefallenen Abkömmlings vorhanden ist, muss sich dieser die anrechnungspflichtige Zuwendung anrechnen lassen. Würde Stefan nach dem Tod des Vaters versterben, müsste sich dessen Abkömmlinge die Aktienschenkung anrechnen lassen.
Ausgleichspflichtige Zuwendungen bei der Berechnung des Pflichtteils
Der Ausgleichspflichtteil (§ 2316 BGB) wird relevant, wenn der Erblasser mehrere Abkömmlinge hat, die bei gesetzlicher Erbfolge erben würden und mindestens ein Abkömmling einen ausgleichspflichtigen Vorempfang (§ 2050 BGB) erhalten oder der Erblasser Leistungen erhalten hat (§ 2057a).
Diese Vorempfänge beeinflussen die Höhe des Pflichtteilsanspruchs.
Einige Leistungen sind immer ausgleichspflichtig, wie Ausstattungen, Übermaßzuschüsse zu den Einkünften und Aufwendungen für die Vorbildung zu einem Beruf, sowie die Leistungen eines Abkömmlings für besondere Mitarbeit oder Pflegetätigkeit.
Andere Leistungen sind nach derzeitiger Gesetzeslage nur ausgleichspflichtig, wenn der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.

Neu geregelt wurde auch die Ausgleichspflicht für Pflegeleistungen (§ 2057a BGB).
Bislang wurde ein Ausgleich für Pflegeleistungen nur dann gewährt, wenn der Abkömmling die Pflege unter Verzicht auf eigenes Einkommen erbracht hat. Nunmehr ist ein Einkommensverzicht nicht mehr notwendig.

Zur Berechnung der Ausgleichsansprüche werden zunächst alle ausgleichspflichtigen Zuwendungen dem Nachlass hinzugerechnet, soweit er unter den Abkömmlingen aufgeteilt wird.
Da die Ausgleichung nur unter den Abkömmlingen erfolgt, ist der Ehegattenerbteil vorher abzuziehen. Die Anteile werden dann entsprechend den gesetzlichen Erbquoten errechnet, der Wert der Zuwendung beim Betreffenden abgezogen und der Rest halbiert.
Beispiel: Ernst hinterlässt seine Frau Eva und die Kinder Stefan und Tanja. Eva ist Alleinerbin. Die Eheleute haben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt. Der Nachlasswert beträgt 200.000 Euro. Stefan erhielt als ausgleichspflichtigen Vorempfang Aktien zum Kurswert von 20.000 Euro, Tanja ein Kunstwerk im Wert von 40.000 Euro. Wie hoch ist der Pflichtteilsanspruch von Stefan?

Nachlasswert                                                  200.000
abzüglich Ehegattenerbteil                             100.000
aufzuteilender Nachlass                                 100.000
Schenkung an Stefan                                       20.000
Schenkung an Tanja                                        40.000
rechnerische Teilungsmasse                         160.000
Pflichtteilsberechnung für Stefan
gesetzlicher Erbteil von Stefan (1/4)                40.000
abzüglich Schenkung an Stefan                       20.000
Pflichtteil (1/2 des gesetzlichen Erbteils)   10.000
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